Rückblick des Ehrenvorsitzenden Josef Gillich am 17.06.2001 zum 50. Jubiläum der Donaudeutschen Landsmannschaft Kreisverband Haßloch
Wir feiern heute 50 Jahre Donaudeutsche Landsmannschaft unseres Kreisverbandes Haßloch, da ist es schon angebracht einmal Rückschau zu halten
Nicht nur die letzten 50 Jahre, es sollte auch mal herausgestellt werden, wer sind überhaupt die Donaudeutschen, wo liegt deren Ursprung?
Es gibt viele Bücher, in denen dies von den Historikern ausführlich beschrieben ist. Ich möchte nun versuchen, in den 25 Minuten die mir für meinen Vortrag zugestanden wurden, dies in Kurzfassung darzulegen.
Nach dem Zurückdrängen der Türken im 17. Jahrhundert durch die christlichen Heere aus unserem späteren Heimatgebiet im südöstlichen Europa, war das Gebiet durch die immer währenden Kriege in der Osmanenherrschaft entvölkert und verwüstet.
Das Gebiet gehörte nach der Vertreibung der Türken zur Österreich-Ungarischen Monarchie. Man war aus wirtschaftlichen Gründen bemüht, das entvölkerte Gebiet, die Batschka, das Banat und die Schwäbische Türkei wieder zu besiedeln.
Mitte des 18. Jahrhunderts erging vom Wiener Kaiserhof der Aufruf an die Bürgschaft in den süddeutschen Ländern, junge Handwerker und Bauernfamilien mögen sich in dem zurückeroberten Gebiet im südlichen Donauraum ansiedeln.
Die Aussicht, der Leibeigenschaft zu entrinnen und eigenes Land zu erhalten, ermunterte viele, dem ruf ins ferne Ungarnland zu folgen. Überwiegend Pfälzer und Schwaben, aber auch Bayern und Hessen brachen auf nach Ulm von wo aus sie mit kleinen Schiffen, Ulmer Schachten genannt, die Donau abwärts in das Siedlungsgebiet gebracht wurden. Dort erwartete sie zunächst nur harte Arbeit, Krankheit und Not. Doch mit unermüdlichem Fleiß machten sie aus dem verkommenen Land die fruchtbarste und ertragsreichste Region Südosteuropas.
Sie kamen zu Wohlstand. Es wurden Kirchen und Schulen gebaut, Universitäten gegründet und man nahm am öffentlichen Leben teil. Die Kolonisten hatten also Fuß gefasst und eine neue Heimat gefunden.
„Aus der Wüste wurde ein blühend Eden, aus den Sümpfen hob sich eine neue Welt.“ Schrieb ein Dichter überschwänglich.
Das mitgebrachte Kulturgut, die deutsche Muttersprache, Sitten und Gebräuche wurden hochgehalten und wirkten über Generationen als festes Band, so dass die Gemeinschaft über zwei Jahrhunderte allen Anfechtungen standhielt.
Ein jehes ende dieses Edens kam im Herbst 1944. Der zweite Weltkrieg schuf grausame Tatsachen. Die Donauschwaben, wie sie mittlerweile genannt wurden, mussten ihr Siedlungsgebiet verlassen. Viele wurden misshandelt, erschlagen und zum Teil erschossen. Männer und Frauen wurden nach Russland zur Zwangsarbeit verschleppt. Andere wiederum kamen über drei Jahre in Internierungslager wo Hungersnot und Tod herrschten.
Mittellos, enttäuscht und verzweifelt kehrten die Übriggebliebenen in das Land ihrer Vorfahren zurück. Sie kamen über Ungarn und Österreich bis nach Bayern, wo die meisten in Flüchtlingslagern untergebracht waren. Einige waren bereits in der Landwirtschaft tätig.
1950 hatte die damalige Bundesregierung das Gesetz des Kontigentenausgleichs erlassen, d.h.: Weil Bayern mit Vertriebenen überfüllt war, mussten alle andern Bundesländer auch verstärkt Vertriebene aufnehmen. Also musste auch Rheinland Pfalz Vertriebene aufnehmen. Den Donaudeutschen hatte es offenbar die Pfalz besonders angetan. Sie ließen sich mit Vorliebe in die Pfalz umsiedeln.
Das kleine Land und seine weltoffene, kontaktfreudige Bevölkerung gaben sich redlich Mühe, den Neubürgern bei ihrer Eingliederung zu helfen. Es gab ja auch keine Sprachschwierigkeiten, denn unsere im Donauraum beibehaltene Muttersprache hatte ja noch den pfälzischen Einschlag.
Ein schwerer Neubeginn stand nun den Donauschwaben bevor. Doch wie damals vor zweihundert Jahren gingen sie es mit Fleiß und Ausdauer an und hatten alsbald wieder eine neue Heimat und Anerkennung bei der Bevölkerung gefunden. Hervorheben möchte ich auch, dass wir, die Familie Gillich – ich spreche jetzt für Haßloch – von der Bevölkerung auch sehr gut aufgenommen wurden.
Unsere Landsleute waren anfangs in vielen Bereichen unsicher, zum Teil auch unbeholfen. Durch die zweisprachige schulische Bildung waren sie im Schriftdeutsch unsicher und somit oft auf fremde Hilfe angewiesen. Da wurde auch schnell klar, dass Verbände auf landsmannschaftlicher Ebene notwendig waren. So wurde 1951, als erste ihrer Art, die Donaudeutsche Landsmannschat in Rheinland Pfalz e.V., Landesverband der Banater Schwaben aus Rumänien und der Deutschen aus Jugoslawien und Ungarn in Neustadt ins Leben gerufen.
Noch im gleichen Jahr gründete die Donaudeutschen in Haßloch eine Ortsverband, dem im Laufe der Jahre die Ortsverbände Böhl-Iggelheim und Meckenheim sowie der Verbandsgemeinde Deidesheim ansässigen Landsleute angegliedert wurden.
Der erste Vorsitzende war Franz Ofner, der noch 1951 in die USA auswanderte. Danach folgten für 5 Jahre Jakob Haas, 1 Jahr Fritz Schäfer, 3 Jahre Peter Luffy, 7 Jahre Stefan Rettig, 31 Jahre Josef Gillich und von 1998 bis heute Josef Breinich, der hoffentlich noch mehrere Jahre die Geschicke dieses Verbandes leiten wird.
Von 1953 bis 1959 hatte der Ortsverband Haßloch eine große und aktive Trachtengruppe mit dessen Leiter, Stefan Gillich, die Gruppe weit über die Grenzen Haßlochs ihre Auftritte hatte. Nach und nach heirateten die Trachtenträger, weitere Jugendliche kamen nicht nach, so musste schließlich die Gruppe aufgelöst werden.
Einige der ehemaligen Mitglieder der Trachtengruppe haben sich wieder aufgerafft, die Trachten aufgefrischt und nehmen schon seit Jahren als Senioren Trachtengruppe an einschlägigen Veranstaltungen teil, z.B. in Haßloch beim Sommertagsumzug, dem Umzug beim Andechser Bierfest und an verschiedenen Rheinland Pfalz Tagen. Auch bei Festumzügen in Nachbargemeinden waren schon des Öfteren unsere Trachtenträger mit von der Partie und nicht zuletzt beim alljährlichen Donaudeutschen Landestrachtenfest dürfen die farbenprächtigen Trachten der Hasslocher Donaudeutsche nicht fehlen. War die Landsmannschaft zunächst auch stark auf Hilfeleistungen bei schriftlichen Behördenangelegenheiten befasst, so war ihr doch immer bewusst, dass die Hauptaufgaben in der Traditions- und Gemeinschaftspflege, der Erhaltung des mitgebrachten Kulturgutes und der Trachten liegt.
Gleichrangig mussten Kontakte zu Landsleuten in Übersee und zu den in den Herkunftsländern verbliebenen Landsleuten geknüpft und gepflegt werden.
Der Kreisverband betreute verschiedene Musik- und Tanzgruppen aus Übersee bei ihren Europatourneen, wie z.B. aus Detroit, Chicago, Philadelphia, Akron in Ohio, Cleveland, aus Kanada Kitschener und Toronto uns aus Brasilien Porto Alegre und Entre Rios. Auch Gruppen aus Ungarn und den Großstädten Wien und München wurden von uns betreut. Mit diesen Gruppen wurden verschiedene Rundreisen, Schifffahrten und Heimatabende veranstaltet, die jeweils großen Zuspruch fanden. Auch wurden einzelne Gruppen in Haßloch und Deidesheim von den Bürgermeistern ein würdiger Empfang gegeben.
Diesen Aufgaben versucht der Kreisverband bis heute gerecht zu werden. Durch kulturelle und gesellige Veranstaltungen, die sich größter Beliebtheit erfreuen.
Durch die eingliederung der Landsleute der Verbandsgemeinde Deidesheim erfolgte 1986 die Umbenennung vom Ortsverband Haßloch in Kreisverband Haßloch.
Auch hat die der Kreisverband an regelmäßigen Plakat- und Spendeaktionen für Notleidende in den ehemaligen Heimatländern beteiligt, z.B. wurde in den 70er Jahren zusammen mit dem Hasslocher Lionsclub eine große Geldspendenaktion über die Caritas nach Rumänien durchgeführt. Danach gingen des Öfteren Geld, Kleider und sogar Möbelspenden nach Kroatien.
In den ersten Jahren hatte der Ortsverband 250 Familien als Mitglieder, während es heute noch etwa 150 Familien sind. Der Kreisverband Haßloch ist nach wie vor einer der größten und auch aktivsten Landsmannschaftsverbände in Rheinland Pfalz.
Während andere Orts-, Kreis- und Stadtverbände an Mitgliederschwund leiden, kann sich unser Kreisverband der Stabilität erfreuen, es sind sogar leichte Zuwächse zu verzeichnen. Haßloch war schon immer ein Schwerpunkt der Donaudeutschen. Ende der 50er Jahre waren in Haßloch rund 4000 Donaudeutsche Bürger. Ich weiß dies noch, denn als mein Bruder Stefan zum ersten Mal für den Haßlocher Gemeinderat kandidierte, erfassten wir, selbstverständlich mit Hilfe der Gemeindeverwaltung, die aus dem Donauraum stammenden Bürger.
Seit 1951 veranstaltet die Donaudeutsche Landsmannschaft in Haßloch regelmäßig einen Silvesterball, der auch bei der Bevölkerung über die Grenzen Haßlochs hinaus heute noch großen Anklang findet. Die ersten Jahrzehnte wurden außer dem Paprikaschessen auch Maitanz, Kirchwei, Kathreine und Traubenbälle durchgeführt.
Hervorheben möchte ich noch folgendes: Der Ortsverband Haßloch hat Ende der 50er Jahre in der Pfalz das erste Fischpaprikaschessen in größerem Rahmen in der Gaststätte der Friesenhalle durchgeführt.
So fand auch im Herbst 1968 das erste Hähnchenpaprikaschessen in der Gaststätte Schönig statt. Beide waren schnell über die Grenzen Haßlochs, ja sogar über die Grenzen Deutschland hinaus bekannt. Denn über unsere Heimatzeitung Der Donauschwabe der in allen Erdteilen der Welt von den Donauschwaben gelesen wird, ist man laufend über unsere Aktivitäten informiert.
Ich kann mich noch erinnern, als ich Ende der 60er Jahre Nachts um 2.oo Uhr von einer Frau Schneider aus Philadelphia angerufen wurde, die mich um die Rezepte für Fisch- und Hähnchenpaprikasch bat. Wie sie sagte: „Wir sitzen in gemütlicher Runde beisammen und unterhalten uns über die Fisch- und Hähnchenpaprikaschessen in Deutschland von denen wir keine Rezepte haben. Da kam mir der Gedanke rufst halt mal bei den Spezialisten in Haßloch beim Vorsitzenden an. Die Telefonnummer war ja der Heimatpresse zu entnehmen.“ Bei ihnen war allerdings erst 21 Uhr. Natürlich sandte ich ihr die Rezepte umgehend.
Einige Jahre später war eine Donauschwäbische Jugendgruppe aus Philadelphia für mehrere Tage in Haßloch untergebracht, die Leitung hatte Frau Schneider, die auch für diese Zeit bei uns wohnhaft war. Sie entschuldigte sich nochmals für die nächtliche Störung, die sie damals verursacht hatte.Bei all diesen Veranstaltungen haben sich die Mannen der Donauschwäbischen Musikkapelle mit Franz Keller und Mathial Loris für den musikalischen Rahmen verantwortlich gezeichnet. Die ersten Jahre war es noch die Kapelle Keller, unter der Leitung von Georg Keller, dem Vater von Franz Keller.
Zu unseren Jubiläen: Beim 10 jährigen Bestehen der Landsmannschaft feierten wir 1961 ein großes Siedlerfest, bei dem wir mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebend die zwischenzeitlich gewachsenen landsmännischen Landwirtschaftshöfe von Breinich, Kuhn und Schön aufsuchten.
Das Jubiläum für 25, 30 und 35 Jahre feierten wir jeweils mit Vertretungen der Landesregierung, Abgeordneten, Landrat und selbstverständlich mit unseren Bürgermeistern. Die Feierlichkeiten waren immer verbunden mit einem zünftigen donaudeutschen Hähnchenpaprikaschessen, was ja für die Persönlichkeiten aus Bonn und Mainz jeweils etwas Besonderes war.
Beim 40 jährigen strengten wir uns besonders an. Nach dem feierlichen Gedenken unserer Toten am Ehrenmal mit etwas 70 Teilnehmern um 10 Uhr folgte um 14 Uhr im Hof des ältesten Hauses, also auch hier an dieser Stätte, ein feierlicher Festakt mit Landrat, Bürgermeistern und Vertretern der Haßlocher Vereine.
Die ca. 170 Teilnehmer konnten anschließend bei Donauschwäbischer Paprikabratwurst und Paprikaschwartenmagen, selbstverständlich mit dem Pfälzer Wein über den Wertegang der Donaudeutschen diskutieren.
Am Abend fand eine Festveranstaltung mit rund 400 Teilnehmern in der TSG-Halle statt. Die über 40 Trachtenpaare hatten abwechslungsreiche Auftritte.
Die jüngsten Trachtenträger waren erst 3 Jahre alt und fanden besondere Aufmerksamkeit.
Höhepunkt des Abends war die Vorführung einer Donaudeutschen Bauernhochzeit. Die Donauschwäbischen Musikanten unter Franz Keller und Mathias Loris spielten bis nach Mitternacht zum Tanz auf.
Und heute feiern wir das 50 jährige Jubiläum. Viele die in den verflossenen 50 Jahren aktiv dabei waren, sind heute nicht mehr unter uns. Ich selbst möchte auch allen danken, die immer aktiv für die Gemeinschaft mitgearbeitet haben. Wir konnten vielen über die schwere Zeit hinweg helfen und bei der Integration und Berufsfindung behilflich sein.
Die meisten unserer Landsleute haben sich ein Eigenheim errichtet. Wie haben also die neue Heimat mitgestaltet und darauf sind wir stolz.
Ich wünsche der Donaudeutschen Landsmannschaft insgesamt und vor allem dem Haßlocher Kreisverband weiterhin viel Erfolg und der heutigen Veranstaltung einen harmonischen Verlauf.
Josef Gillich
Ehrenvorsitzender